In ihren Zeichnungen und Skulpturen setzt sich die Schweizer Künstlerin Monica Ursina Jäger (*1974, Thalwil) mit den unterschiedlichen Auffassungen von Natur, Landschaft und Architektur als sozial, gesellschaftlich und kulturell aufgeladene Raumkonstruktionen auseinander.
Der französische Ausstellungstitel »Terrain Vague« (Brachland) ihrer Soloshow bei Junge Kunst zitiert den Begriff, mit dem der spanische Architekt, Historiker und Philosoph Ignasi de Solà-Morales (1952-2001) die Abwesenheit in zeitgenössischen Metropolen bezeichnete. Er meinte verlassene, obsolete Gegenden, Räume und Gebäude, die keinen offenkundigen Zweck erfüllen. Während solche Orte meist irgendwann renoviert und wieder in die städtische Struktur eingegliedert werden, plädierte Solà-Morales für die Wertschätzung und Beibehaltung des ruinösen Zustands dieser »Orte der Freiheit«, die damit eine Alternative zu der auf Rentabilität ausgerichteten kapitalistischen Stadt bilden.
In diesem Sinne vereint Jäger in »Terrain Vague« Tuschezeichnungen aus den vergangenen fünf Jahren und neue Bleistiftzeichnungen, die noch nie der Öffentlichkeit präsentiert wurden. In den meist menschenleeren Landschaftsbildern verschmelzen scheinbar unvereinbare, real existierende und fiktive Orte, natürlich gewachsene und urbane Elemente zu multiperspektivischen, futuristisch und menschenfeindlich anmutenden Szenarien, denen ein utopisches Potential zu Eigen ist. Aufgrund ihrer formalen Abstraktion durch den reduzierten Gebrauch oder vollständigen Verzicht auf Farbigkeit, lassen die Arbeiten keine klare Entschlüsselung der Bildgegenstände zu: Felsen mutieren zu Wolkengebilden, Wasserflächen und Himmel verschwimmen wie in der Tuschezeichnung »certitude of speculative thought« (Gewissheit über einen auf Vermutungen beruhenden Gedanken, 2011). In der neuen Serie »hideout«(Versteck, 2013) kombiniert die Künstlerin modernistische Architekturelemente mit Felsformationen und Baumbestand, die allesamt im luftleeren Raum zu schweben scheinen.
Trotz der Unwirtlichkeit und Bedrohlichkeit, die Monica Ursina Jägers Zeichnungen innewohnt, fasziniert die dystopische Zusammenstellung der verschiedenen Bildelemente. Sie lässt den Betrachter in eine phantastische Welt eintauchen, die sowohl für visionäres Denken, als auch für das Scheitern von Utopien steht.
Monica Ursina Jäger studierte an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern, am LaSalle College of the Arts in Singapore und am Goldsmith College in London. Sie lebt in Zürich und London.