Alles in den Bildern von Heike Kati Barath fordert auf, sich unbeschwert zu fühlen. Die Motive tun’s: Sich Küssende, deren Münder verschmelzen, deren Lippen eins werden, deren Köpfe ineinanderrücken, deren Gesichtsausdruck stets glücklich ist, die lächeln. Die Farben tun’s: Himmelblau für himmlische Szenen, Rosarot für herrliche Zustände. Blondgelb für mädchenhafte Unbelastetheit. Und, die Formen tun’s: Die Gesichter sind nämlich kindlich abstrakt, infantil reduziert, ja: naiv - aber komplex naiv.
So stehen wir vor den Bildern und schmunzeln, so schauen wir sie mit Freude. Eingetaucht scheinen wir in eine Welt, in der Pippi Langstrumpf gleich um die Ecke eilt, um uns in einen ihrer Streiche zu verwickeln. Die blonden Zöpfe sind da. gehalten von leuchtenden Bändchen, und die langen Kniestrümpfe an dünnen Mädchenbeinen. Die kurzen Hemdchen treten auf und pubertäre erste BH’s, krause Köpfe zeigen sich und schwangere Bäuche. Pullover mit überlang gezogenen Ärmeln sind zu sehen, Häschen und Hunde in Spaghettipudelmanier verbildlicht. Alles Motivische scheint mithin irgendwie Spiel. Doch nicht nur das. Auch das Wie des Motivischen tritt im Gewand des Spiels auf. Die Farben sind scheinbar flüchtig auf die Leinwände gebracht - mit Liebe und Konzentration, nicht aber halt mit Akribie. Sie >laufen< ineinander, und dies gleichsam mehrfarbig. In verschiedenen Hell-Dunkel-Stufen bewirken sie ein atmendes Leben der Körper. Haare. Säume und Bauchnabel dringen darüber hinaus noch betont hervor. Acrylfugendichter gebraucht Heike Kati Barath dafür. Diesen spritzt sie auf ihre Leinwände zu dünnen, würstchenhaften Lineamenten, um diese dann mit Lackfarben anzumalen. Schüttere Haarprächte werden so Bildwerte, haptisch anregende Nabel und eben auch pudelhafte Spaghettifelle. Spaß und Freude muß es bereiten, diese Bilder zu malen.
Doch, auch wohlgesetzt ist ohne Frage jedes dieser Bildelemente, wohlüberlegt und wohlerfühlt. Das Naive, das Infantile zeigt sich so als ein Erreichtes, als ein Gewolltes, dem eben nicht allein die kindliche Absicht einer bloßen Selbstverwirklichung unterliegt, sondern die ernsthafte Absicht, Freude und Spiel, Unbeschwertheit und Wärme bildlich unserer Erfahrung zu überantworten. Hierin liegt die nicht hoch genug zu schätzende Qualität der Kunst von Heike Kati Barath.
Daß das >Spiel eine elementare Funktion des menschlichen Lebens ist<, daß >menschliche Kultur ohne ein Spielelement überhaupt nicht denkbar ist<, das sagt uns nicht zuletzt der Philosoph Hans-Georg Gadamer. In seinem Aufsatz >Die Aktualität des Schönem führt er zuvor aus: >Es gibt für die in die Schwere des Irdischen gebaute Seele, die sozusagen ihr Gefieder verloren hat. so daß sie nicht mehr zu der Höhe des Wahren sich aufschwingen kann, eine Erfahrung, bei der das Gefieder wieder zu wachsen beginnt und die Erhebung wieder eintritt. Das ist die Erfahrung der Liebe und des Schönen, der Liebe zum Schönen.<
Raimund Stecker